Meisterschaft ungewiss aber möglich – BL-Vorsitzender Frank Mair im Interview
Nach Bekanntwerden der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus wurde in der Tischtennis Bundesliga nicht lange gezögert und zum Schutz aller Beteiligten der Spielbetrieb eingestellt. Während in Österreich in den meisten Mannschaftssportarten die Saison bereits abgebrochen und annulliert wurde, besteht für den Tischtennis-Sport noch die Hoffnung, die Meisterschaft auf sportlichem Weg zu beenden. Bundesliga-Vorsitzender Frank Mair spricht im Interview offen über die aktuelle Situation, die Auswirkungen auf den nationalen und internationalen Tischtennis-Sport, seine persönliche Einschätzung zur Fortführung des Spielbetriebs und was die nächste Saison mit sich bringen könnte.
Wie sämtliche andere Sportarten, ruht auch der „weiße Hochgeschwindigkeitsball“. Wie ist der aktuelle Stand in der Tischtennis Bundesliga?
Frank Mair: „Die aktuelle Situation ist natürlich alles andere als ideal für unsere Sportart. Ein Spielbetrieb ist aktuell unmöglich und die Gesundheit aller Beteiligten steht natürlich an erster Stelle. Die am 12.03.2020 angeordnete Meisterschaftspause war kurz vor Abschluss des Grunddurchgangs unumgänglich. Ob und wie die Meisterschaft beendet werden kann, hängt von vielen externen Faktoren ab, z.B.: Wann dürfen wir wieder in unsere Hallen? Ist es für unsere internationalen Zugpferde/Spitzenspieler überhaupt möglich, nach Österreich einzureisen? Usw. Ich persönlich rechne damit, dass frühestens Mitte Mai bis Anfang Juni wieder ernsthaft daran gedacht werden kann, die letzten Runden des Grunddurchganges fertig zu spielen. Dann wäre zumindest einmal die sportliche Basis für eine faire Entscheidung am Grünen Tisch gelegt, um einen Meister per Beschluss des Bundesligaausschusses und des ÖTTV-Präsidiums zu küren. Sollte aber der Grunddurchgang bis ca. Mitte Juli nicht mehr gespielt werden können, werden wir uns wohl damit abfinden müssen, die Meisterschaft ohne eine Vergabe des Meistertitels zu beenden. In diesem Falle muss natürlich auch für die Qualifikationsspiele vom Bundesligaausschuss ein fairer Modus gefunden werden.“
Auch International stehen die Ligen still, Turniere wurden abgesagt. Gibt es von Seiten der ETTU und ITTF Pläne zur Fortführung ihrer Bewerbe?
Frank Mair: „Ganz offen gesprochen: Es sieht düster aus. Auf europäischer Ebene befürchtet man, dass die Champions League in diesem Jahr nicht fertig gespielt werden kann. Auch die Olympischen Spiele wurden bekanntlich gerade abgesagt. Wahrlich kein gutes Jahr für den Sport.“
Hat das auch finanzielle Auswirkungen bei den Vereinen und in der Liga?
Frank Mair: „Es ist für die Clubs, Spieler/innen, Betreuer/innen oder Vereinsfunktionär/innen keine einfache Zeit. Ich hoffe, dass die Fördergeber, Sponsoren und alle Gönner Verständnis für diese außergewöhnliche Notsituation aller Sportvereine haben und helfen, wo es nur möglich ist. Unsere Clubs und Spieler/innen sind auf jeden Euro angewiesen, wir bewegen uns am ‚finanziellen Limit‘. Ein Ausfall eines größeren Fördergebers, Sponsors oder die Absage einer größeren Veranstaltung stellt den betroffenen Verein vor ernstzunehmende finanzielle Schwierigkeiten. Aber ich bin zuversichtlich, dass unsere Tischtennis-Familie auch diese Krise überstehen wird. Wer uns an der Platte sieht, der weiß, dass wir bis zum letzten Punkt nicht aufgeben und auch in scheinbar unlösbaren Situationen immer wieder für Überraschungen sorgen.
Schafft diese Situation einen Präzedenzfall, nach welchem man sich womöglich auch für die Zukunft rüsten muss?
Frank Mair: „Ja. Ich bin davon überzeugt, dass sich dieser Fall auf zukünftige Überlegungen zu Krisensituationen auswirken wird. Deshalb sollten diese Entscheidungen ‚zweimal‘ durchdacht werden. Wir haben derzeit in unseren Statuten keinen Notfall-Paragraphen - werden dies aber sicher für die nächste Saison berücksichtigen.“
Abseits der jetzigen Corona-Krise: Welche Pläne hat man für die nächste Spielzeit?
Frank Mair: „In der zweiten Bundesliga werden die Teams einen Nachwuchsspieler (Anmerkung: U23) verpflichtend einsetzen müssen. Damit wollen wir gezielt den österreichischen Nachwuchs fördern. Weiters arbeiten wir intensiv daran, die Kosten für die Vereine so gering wie möglich zu halten. Das soll allen Beteiligten eine noch bessere finanzielle Planbarkeit der nächsten Bundesligasaison gewährleisten.
Eine Bemerkung zum Abschluss: Ich hoffe, dass diese schreckliche Krise so schnell wie möglich überwunden werden kann und wir als Sportcommunity unsere Sportarten wieder ausüben können. Erst in Zeiten der Krise und Quarantäne kommt die Relevanz von Kunst-, Kultur und Sport, als Bereicherung unseres alltäglichen Lebens, zum Vorschein. Ich wünsche allen Sportfreunden Gesundheit und ein gutes Durchhaltevermögen in dieser schwierigen Zeit.“
Die Meisterschaft in der österreichischen Tischtennis Bundesliga der Frauen und Männer ist aktuell aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ausgesetzt. In der 1. Bundesliga Herren Oberes Play-Off sind noch zwei Nachtragsspiele sowie ein ganzer Spieltag im Grunddurchgang ausständig. Der letzte Spieltag ist für den 18. April angesetzt. Das Finalturnier, bei dem Meister und Absteiger ermittelt werden, ist für Mitte Mai angesetzt. Ob die Meisterschaft zu Ende gespielt werden kann, oder abgebrochen wird, wird in den Gremien der Tischtennis Bundesliga und des ÖTTV in den kommenden Tagen und Wochen diskutiert und entschieden.