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Interview  

„Dem Nachwuchsleistungssport in der Unterstufe einen Raum geben!" Nachwuchs im Fokus! 03/21

Nach der Schließung der Werner Schlager Acadamy im Jahr 2017 stand der ÖTTV vor der Aufgabe das österreichische Nachwuchssystem neu zu strukturieren. Wir haben Nachwuchsdirektor, Richard Scharf, grundlegende Fragen zu den Leistungszentren gestellt, sowie mögliche Stärken und Schwächen des aktuellen Systems diskutiert.

Erstellt von Marius Mandl | |   Interview
Richard Scharf bekleidet seit 2016 das Amt des ÖTTV Nachwuchsdirektors. Seitdem hat sich einiges im österreichischen Tischtennissport verändert. Copyright: Richy Scharf

Das vergängliche Paradies der WSA

Das Interview mit ÖTTV Nachwuchsdirektor, Richard Scharf, beginnt mit einer historischen Betrachtung des Nachwuchssystems in Österreich. "Früher waren die Nachwuchs Bundestrainer nämlich nicht in den alltäglichen Trainingsprozess eingebunden, sondern sind hauptsächlich verschiedenste Stützpunkte und Vereine angefahren. Ihre Hauptaufgaben bestanden aus der Begleitung bei Turnieren sowie der Durchführung einzelner Trainingslager." - berichtet Richard Scharf - der seit 2016 das Amt des ÖTTV Nachwuchsdirketors inne hat.

Das tägliche Training war ausschließlich Landessache – sprich in den Händen der Landestrainer. 2011 bis 2017 – also in Zeiten der Werner Schlager Acadamy in Schwechat (privates Spitzensport-Tischtennis-Trainingszentrum) - waren die Bundestrainer dort angesiedelt und haben mit etlichen Nachwuchskaderathleten aus ganz Österreich trainiert, die damals aus ihren Bundesländern nach Schwechat gezogen sind. „Hier war der große Vorteil, dass das Nationalteam der allgemeinen Klasse mit dem Jugendnationalteam unter einem Dach war!“ – so Richard Scharf.

Als die WSA 2017 finanziell scheiterte und ihre Tore schließen musste, bahnte sich eine Neustrukturierung an.

Die Ära Post-WSA ab 2018

Richard Scharf wollte nach der WSA Schließung ein neues Zentrum für den österreichischen Nachwuchs zur Verfügung stellen. Da in allen Bundesländern Nachwuchsnationalteamspieler vorhanden waren, jedoch die Mehrzahl aus Nieder- und Oberösterreich stammte, wurden Linz und die Südstadt als Bundeszentren festgelegt, mit dem Ziel, dass AthletInnen aus den umliegenden Bundesländern in diese Zentren zuziehen würden. Nach der WSA-Schließung wurden die beiden hauptamtlich angestellten Bundestrainer in die zwei Bundesnachwuchs-Stützpunkte entsandt, um das tägliche Training zusammen mit den Landestrainern zu leiten. Damen Jugend-Bundestrainer Yadong Bian befand sich fortan auf der Gugl im Olympiazentrum Linz und Herren Jugend-Bundestrainer Jarek Kolodziejzcyk im ÖLSZ Südstadt. Die Idee der Verteilung war, dass sich der Herren-Nationalteam Stützpunkt in Stockerau und der Frauen-Nationalteam Stützpunkt in Linz, daher im selben Bundesland befinden und die Bundestrainer somit ein Bindeglied zwischen Jugend und Allgemeiner Klasse darstellen sollten. Ebenso konzipiert ist eine Verteilung von AthletInnen aus Wien, Burgenland, Niederösterreich, Steiermark und Kärnten in die Südstadt und von SpielerInnen aus Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich nach Linz.

Training in Nachwuchskompetenzzentren

Jedoch wechselten seit 2018 noch kaum Spieler außerhalb Nieder-, oder Oberösterreichs in die Südstadt oder nach Linz. Daher greifen AthletInnen, die nicht aus Ober- oder Niederösterreich stammen, auf ihr Landestraining ohne Bundestrainerbetreuung in Leistungszentren, die mit sogenannten VÖN Schulen (Verband Österreichischer Nachwuchsleistungssportmodelle) zusammenarbeiten zurück.

Der VÖN beheimatet sog. Nachwuchskompetenzzentren. Diese stellen grundsätzlich duale Oberstufenschulen mit einem speziellen Sportmodell dar, in welchen eine exzellente Infrastruktur und sportwissenschaftliche Betreuung gegeben ist. Der KTTV hat zum Beispiel vor kurzem ein Tischtennisleistungszentrum im Sportpark Klagenfurt mit einer Kooperation mit dem NWKZ Kärnten unter der Leitung von Branka Pasalic eröffnet. Prinzipiell greifen alle Landesverbände auf eine Kooperation mit jenen Kompetenzzentren zurück. Verbände ohne offiziellen Landestrainer – wie die Steiermark oder Wien – arbeiten auf Vereinsebene mit VÖN-Schulen zusammen. Nichts desto trotz kritisieren die Bundesländer außerhalb Nieder-, und Oberösterreichs, dass die Bundestrainer ausschließlich mit ober- bzw.-niederösterreichischen AthletInnen trainieren würden. Richard Scharf wiederrum entgegnet, dass die Tore des ÖLSZ Südstadt und der Gugl in Linz grundsätzlich allen ÖTTV Nachwuchsathleten offen stünden – die Spieler aus den übrigen Bundesländer dieses Angebot jedoch noch nicht adäquat zu nützen scheinen. In diesem Zusammenhang sollte in Zukunft eine Lösung gefunden werden, ob ein zentraler oder dezentraler Weg gegangen wird.

„Großes Potential in regionalen Kooperationen von Unterstufenschulen mit Leistungszentren!“

Spannend ist außerdem ein Pilotprojekt des VÖN – wonach NWKZ‘s bereits in der Unterstufe greifen sollten. Zur Freude des Nachwuchsdirektors befinden sich schon vereinzelt TischtennisspielerInnen in diesen Projekten. „Dem Leistungssport bereits in der Unterstufe einen Raum zu geben ist enorm wichtig für jene jungen SpielerInnen, die besonders talentiert für eine Karriere im Leistungssport sind." Da der Umzug im Unterstufenalter in ein Internat fern von zu Hause in diesem Alter noch eher problematisch zu sein scheint – sieht Scharf ein großes Potential in regionalen Angeboten und Kooperationen mit Leistungssportzentren. Der Nachwuchsdirektor berichtet in dem Zusammenhang stolz, dass bereits einige junge TischtennisspielerInnen in derartige Projekte integriert sind. „Die Oberösterreicherin Elena Schinko – war die erste ÖTTV Spielerin in einem derartigen Spezialmodell. - Generell besteht ein großes Potential an spielerischer Entfaltung, wenn dem Nachwuchsleistungssport bereits in der Unterstufe einen Raum gegeben wird!“

Für weitere Informationen siehe Homepage des Verbands österreichischer Nachwuchsleistungssportmodelle.

http://www.nachwuchsleistungssport.at/de  

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